In diesem Kapitel lernen Sie die Möglickeit der Betriebsübernahme kennen. Betriebs-
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Betriebsübernahme

In den nächsten Jahren stehen bundesweit schätzungsweise 70.000 kleine und mittlere Unternehmen zur Unternehmensübergabe an. Geschätzt wird, dass ca. 5.000 dieser Betriebe stillgelegt werden müssen, da es keine potenziellen Übernehmer und Übernehmerinnen gibt.

Viele Betriebe werden familienintern übergeben. Zu den nun nachfolgenden Überlegungen müssen diese familieninternen ÜbernehmerInnen sich noch mit den Themen Erbschaft, Mit-Erben, Schenkungssteuer oder Erbschaftssteuer befassen. Nehmen Sie für diese Fragestellungen eine Steuerberatung in Anspruch, die Ihre individuelle Situation berücksichtigt.

Zunehmend werden auch externe ÜbernehmerInnen gesucht. Im Internet können Sie z.B. unter www.nexxt.org oder www.change-online.de Ihr Kaufgesuch eingeben oder nach Unternehmen recherchieren, die verkauft werden sollen.

Der Kauf eines Unternehmens ist eine interessante aber auch komplexe Alternative zur Unternehmensneugründung. Deshalb sollten Sie sich rechtzeitig bei entsprechenden Experten informieren, um eine detaillierte und stressfreie Planung der Übernahme vorzubereiten.

Die nachfolgenden Betrachtungen und Informationen sollen Ihnen einen ersten Überblick bieten, um sich mit dem Thema Betriebsübernahme vertraut zu machen. Weitere Informationen erhalten Sie in der Broschüre "Unternehmensnachfolge - Die optimale Planung" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Die Broschüre ist für ÜbergeberInnen als auch für ÜbernehmerInnen gedacht. Sie bietet mit zahlreichen Checklisten, Tipps und Fallbeispielen eine sehr gute Vertiefung zum Thema Betriebsübernahme. Hier finden Sie die gesamte Broschüre in der Auflage von April 2004 als PDF-Dokument.

Vorüberlegungen

Wie bei einer Neugründung ist es nun wichtig, dass Sie die verschiedenen Bereiche des zu übernehmenden Betriebs beleuchten. Zu den üblichen Analysen, die Sie in den Lektionen Orientierung, Konzeption und Umsetzung des Basiskurses finden, sollten Sie noch weitere Überlegungen in Betracht ziehen:

Was ist der Grund des Verkaufs? Soll der Betrieb aus Altersgründen veräußert werden oder gibt es wirtschaftliche Probleme?

Lassen Sie sich auf jeden Fall die Bilanzen der letzten drei Jahre und die BWA (betriebswirtschaftliche Auswertung) des laufenden Jahres geben. Beauftragen Sie ein eigenes Steuerberatungsbüro. Dieses hat Vergleichszahlen und kann die Bilanzen und die BWA vergleichen und beurteilen.

Welches Produkt oder welche Dienstleistung bietet das Unternehmen an? In welcher Phase des Produktlebenszyklusses befindet sich das Produkt oder die Dienstleistung? Kann das Produkt so wie es ist, im Markt angeboten werden? Brauchen Sie eine Produktanpassung oder sogar eine Neuentwicklung? Wieviel Kapital müssen Sie hierfür bereitstellen?

Welche Zielgruppen hat das Unternehmen? Machen Sie eine sogenannte ABC-Analyse. Dies bedeutet, mit welchen A-Kunden wird der meiste Deckungsbeitrag (= Nettoumsatz abzüglich variabler Kosten, wie z.B. der Wareneinsatz) erwirtschaftet? Mit welchen B-Kunden wird ein mittlerer Deckungsbeitrag erzielt? Und mit welchen C-Kunden wird vielleicht nur wenig oder sogar kein Deckungsbeitrag erzielt?

Wie setzt sich die Zielgruppe zusammen? Ist die Kundenanzahl ausreichend? Welche neuen Zielgruppen können akquiriert werden? Was kostet diese Neu-Akquise?

Gerade bei Betrieben, die aus Altersgründen übergeben werden sollen, gibt es oft einen sogenannten Investitionsstau. Dies bedeutet, dass in den letzten Jahren wenig bis gar keine Investitionen zur Erneuerung des Betriebes getätigt wurden. Fragen Sie sich, welche Investitionen müssten Sie bei der Übernahme durchführen und wieviel Kapital benötigen Sie hierfür?

Das Gleiche gilt für die Personalsituation. Wie setzt sich die Altersstruktur zusammen? Wie ist der Bildungsstand im Unternehmen? Brauchen die zukünftigen Mitarbeiter eventuelle Weiterbildung? Welchen Etat müssen Sie dafür bereit stellen?

Mit welchen Lieferanten wurde bisher zusammengearbeitet? Ist eine weitere Zusammenarbeit sinnvoll? Unter welchen Bedingungen und Konditionen können Sie weiter beliefert werden?

Sind für das bestehende Unternehmen Patente, Warenzeichen oder andere Schutzrechte eingetragen? Können Sie diese übernehmen?

Welche Rechtsform hat das bisherige Unternehmen? Welche Rechtsform wollen Sie für die Zukunft wählen? Welche Rechtsform ist aus steuerlichen und rechtlichen Gründen sinnvoll?

Aus den oben genannten ersten Überlegungen und Fragen wird bereits deutlich, wie vielschichtig eine Betriebsübernahme sein kann. Unser Tipp: Lassen Sie sich auf jeden Fall professionell unterstützen.

Ermittlung des Kaufpreises

Ein grundlegendes Thema beim Unternehmenskauf ist die Festlegung des Kaufpreises. Hier entsteht überwiegend die größte Differenz in den Vorstellungen der VerkäuferIn und der KäuferIn. Die VerkäuferIn überschätzt erfahrungsgemäß den Unternehmenswert und die KäuferIn ist selbstverständlich an einem niedrigen Kaufpreis interessiert. Es gibt verschiedene Methoden diesen Kaufpreis zu ermitteln.

Substanzwert-Methode: Hier werden ausschließlich die Werte von Vermögensgegenst&aouml;nden, wie z.B. Maschinen, Gebäude ermittelt

Ertragswert-Methode: Gewinne der Vergangenheit werden in die Zukunft fortgeschrieben und mit einem kalkulatorischen Zins (langfristiger Zins plus Risikozuschlag) multipliziert

Discounted-Cash-Flow-Methode: für börsennotierte Unternehmen geeignet. Grundlage für die Berechnung ist der Cash-Flow (Selbstfinanzierungskraft des Unternehmens)

Due-Diligence-Methode: Hier werden nicht nur die Finanzwerte betrachtet. Ziel ist die ganzheitliche Betrachtung aller Unternehmensbereiche (z.B. Markt, Wettbewerber, Kunden, Personal)

Es gibt noch weitere Methoden. Manche entstehen durch eine Kombination der oben genannten Methoden. Eine rechtsverbindliche Methode gibt es jedoch nicht. Ganz gleich, welche Methode Sie anwenden: achten Sie bei den Verhandlungen darauf, dass die zukünftigen Gewinne diesen Kaufpreis erwirtschaften und den Kapitaldienst, also Zins und Tilgung, sowie die zukünftigen Investitionen finanzieren müssen. Vergessen Sie in diesem Zusammenhang bitte nicht Ihren UnternehmerInnenlohn.

Finanzierung

Wenn Sie den potentiellen Kaufpreis ermittelt haben und eine Finanzplanung mit den erforderlichen Investitionen, dem laufenden Kapitalbedarf, der Rentabilität und der notwendigen Liquidität erstellt haben, können Sie ein Bankgespräch oder ein Gespräch mit Investoren führen.
Erst wenn Sie hier eine klare Zusage erhalten haben, können Sie am Verkaufsgespräch teilnehmen und Zusagen machen.

Das Verkaufsgespräch

Wenn das Verkaufsgespräch zu einer gemeinsamen Entscheidung der Unternehmensübergabe gekommen ist, ist es sinnvoll gemeinsam einen Letter of Intent (Absichtserklärung) aufzusetzen und zu unterzeichnen. Im Letter of Intent sollten alle wesentlichen Vereinbarungen festgehalten werden. Achtung! Dies ersetzt auf keinen Fall den späteren Kaufvertrag.

Beachten Sie, dass Sie als Übernehmerin für folgende Bereiche die Haftung übernehmen:

Verbindlichkeiten

Steuerschulden (verlangen Sie auf jeden Fall eine "Bescheinigung in Steuersachen" vom Finanzamt, um dies abzuklären)

Lohn- und Gehaltsfortzahlung

Produkte und Dienstleistungen, die vom Vorgänger geliefert bzw. geleistet wurden

Gläubiger

u.a.

Manche Haftungen können durch Vereinbarungen im Kaufvertrag ausgeschlossen werden. Es gibt aber auch schriftliche Vereinbarungen die nicht anerkannt werden. Weiter muss geklärt werden, was genau gekauft wird. Oder, wie und wann wird ein vorhandener Warenbestand bewertet? Was gehört alles zum Inventar? Was geschieht mit den Forderungen und Verbindlichkeiten am Verkaufstag? Lassen Sie sich von Profis unterstützen.
Unser Tipp: Verzichten Sie nicht auf professionelle Unternehmens-, Steuer- und Rechtsberatung.

Übernahme Personal

Sie sind als ÜbernehmerIn verpflichtet den bestehenden Personalstamm, mit den entsprechenden Arbeitsverträgen, Vereinbarungen und Kündigungsschutz zu übernehmen. Dies gilt auch für die Höhe der Löhne oder Gehälter sowie für vereinbartes Urlaubs- und Weihnachtsgeld oder sonstiger Begünstigungen.

Nach § 613a BGB besteht vor dem Übergang eine Verpflichtung, die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer in Textform über folgendes zu unterrichten:

1.

Den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

2.

Den Grund für den Übergang,

3.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die ArbeitnehmerInnen,

4.

Die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Was müssen Sie sonst noch beachten?

Die Übergabephase sollte zeitlich nicht zu kurz angelegt sein. Sie haben vielfältige Aufgaben zu bearbeiten, die Ihre Zeit beanspruchen. Es müssen vielfache Verhandlungen geführt, Vereinbarungen getroffen und Verträge unterzeichnet werden, wie z.B. mit dem Vermieter, den Lieferanten oder den Versicherungen. Achten Sie besonders darauf, dass Sie am Übergabetag für ausreichenden Versicherungsschutz gesorgt haben.

Bereiten Sie sich optimal vor. Machen Sie sich im nächsten Schritt Gedanken, welche Aufgaben nun auf Sie zukommen. Formulieren Sie einen Ziel- und Aufgabenplan. Welche Ziele wollen Sie erreichen? Welche Aufgaben müssen dafür von wem bis wann erledigt werden? Wer kann Ihnen dabei behilflich sein? Planen Sie unbedingt Zeitpuffer ein.

Nutzen Sie die Instrumente und Methoden des Zeit- und Projektmanagements. Für die weitere Planung helfen Ihnen auch wieder unsere Lektionen Konzeption, Umsetzung und Festigung.

Und noch einmal: Verzichten Sie nicht auf professionelle Unterstützung.


Sie haben nun alle zehn Kapitel der ersten Lektion bearbeitet. Schauen Sie sich jetzt in der Zusammenfassung dieser Lektion noch einmal an, welche Lösungen Sie für Ihr Gründungsvorhaben gefunden haben.
Ende
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